Es stehen wieder Seetage an, dieses Mal trete ich sie wenigstens mehr oder weniger gesund an, wir haben schon einige Leute kennengelernt, haben unsere Ansprüche etwas runtergeschraubt und versuchen, uns nicht mehr zu sehr aufzuregen. Im Restaurant haben wir Lieblingspersonal gefunden, ebenso in der Bar, die Unterhaltung ist zuweilen suboptimal, aber auch da versuchen ja alle nur das Beste. So sehe ich denn diesen 3 Tagen mit gemischten Gefühlen entgegen: einerseits die Öde der «Schiffs-Quarantäne», andererseits die leichte Nervosität vor meiner ersten Safari, für die ich überhaupt nicht vorbereitet bin, das muss ich am ersten Tag in Namibia noch nachholen.
8. Januar – Heute ist der Wellengang hoch, aber auch daran gewöhnt man sich (allerdings mit Unterstützung von Pillen und Pulsband). Wieder so ganz mit mir, meinen Gedanken und Gebresten beschäftigt, frisch gesundet (fast), nach St. Helena voller Zuversicht, mache ich mir so einige Überlegungen. So als ich mit Göran Runden auf dem Promenadendeck drehe und wir uns an der Hand halten. Nicht etwa als Neuauflage unserer vor 29 Jahren begonnenen Romanze, als viel mehr als Stütze. So bewährt sich das Gelernte nun bei hohem Wellengang! 2 ältere Leute wackeln ums Schiff rum: einmal rechts, einmal links torkelnd, beim Bug einmal rauf und dann im Speed wieder runter. Und niemand schleudert’s weg. Da ist gelernte Romantik eben auch im Alter praktisch!
Auch überlege ich mir schon, zuhause in der Wand zwischen unseren Zimmern ein Fenster einzubauen. Zwar hat Göran noch eine Einzelkabine erhalten (es hat so viele Innenkabinen frei), damit er ungestört schlafen kann, wenn ich noch den Blog mache. Benützen tut er sie nie. Nur, wenn er zu Bett geht, schnarcht er extra laut, bis ich endlich ablösche, aber danach ist er völlig ruhig und ich kann sogar auf Ohropax verzichten. Zudem tut ein warmer Körper bei Schüttelfrost und/oder kalten Füssen ganz gut und die Angst, irgendwo in den unteren Ebenen könnte er wieder einen Hirnschlag machen, ist wesentlich geringer. Ich sehe schon, diese Reise hat diverse Nutzen!
Heute hatten wir ein Essen für alle Gäste, die rund um die Welt reisen. Es missfiel mir, mich wieder zu verkleiden (heute war weiss angesagt) und aufs Essen freute ich mich nur sehr mässig, aber wir gingen natürlich. Irgendwie hatte die Küchen-Crew nämlich etwas Anfangsschwierigkeiten. Da kommt der bewährte Fritz Pichler von Phoenix und kommandiert plötzlich nicht nur seine eingespielte Crew der Amera, sondern auch noch die von Celestyal. Aber sie haben die Anfangsschwierigkeiten nun im Griff. Und heute liess er entweder nur seine eigenen Leute ans Essen oder es gab ein paar ganz gelehrige bei den andern. Das Essen ist fantastisch und die Weine erlesen. Dabei haben wir wunderbare Gesellschaft von 2, die noch nie auf einem Kreuzfahrtschiff waren, also nichts vergleichen konnten und uns äusserst zufriedene und interessante Tischnachbarn sind. Am 2er Tisch neben uns – welch Freude – zwei Norwegerinnen, mit denen wir wunderbar schwedisch reden können. Sie bringen uns auch noch etwas norwegisch bei, dass wir das nächste Mal in Oslo dann auch unsere Freude richtig ausdrücken können. So sagen die Norweger «sykt bra» oder «vanvittig bra» (krank gut oder wahnsinnig gut) – ergo unsere Kombination von total schlecht mit gut = ausserordentlich gut. Meine Nachbarin Inger in Lysekil versucht es immer wieder, mir diese Eigenart auszutreiben, damit ich in Schweden nicht gleich dem Pöbel zugeordnet würde!!
Wie auch immer, ich bin wieder viel näher an meinem Lebensmotto «Always look at the bright side of life» und das hilft auf der ganzen Linie. So werde ich nun das Licht löschen und mich auf die helle Seite eines nicht-schnarchenden Bettnachbarn freuen!!
St. Helena – Namibia
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Ursula, so wunderbare Berichte! Danke, dass du diese Ansichten mit uns teilst, ich habe sogar deine Wärme gespürt, obwohl wir -10 haben. Wir wünschen Euch eine spannende Reise. Es ist sicherlich eine großartige Erfahrung. Segen für euch, gute Menschen, Positivität und Rückenwind auf See und an Land! Habt euch lieb!