Irgendwie ist Buenos Aires doch ein Ort, wo man einfach mal hin will. Ich auf jeden Fall habe schon so viel davon gehört, Gutes, Geheimnisvolles, Schlechtes. Und jetzt bin ich da. In diesem Land, das sich hoffentlich in Würde von seinem Bankrott und seinen eklatanten Ungerechtigkeiten erholen kann. 

Nach meinem körperlichen Effort in Uruguay ging ich es in Buenos Aires gemächlich an und buchte eine Tour mit dem Bus, derweil Göran die Route per Rad abstrampelte. Wir bekamen  einen sehr guten Eindruck von der Stadt. Zuerst empfingen mich ganz viele Schmetterlinge, von denen niemand weiss, wo solche Mengen herkommen und alle hoffen, es möge sich die Plage mit den Mücken, die im Februar nach einer langen Regenperiode biblisches Ausmass annahm, nicht noch eine Insektenplage auf sie zukommen, wobei Schmetterlinge ja zuerst einfach mal schön sind. Eine andere Seuche haben sie ja schon länger: die Korruption. Das muss ja zu und her gegangen sein hier, dass die Argentinier in ihrer Verzweiflung einen Miliei wählten. Der Peso ist im freien Fall, im August 23 war ein Dollar noch 350 Pesos wert, heute 1000. 

Und dann die Villas Miserias – die Elendsviertel beim Namen genannt: 100’000e Menschen leben dort. Sie kamen und fingen an, auf unbebautem Land zu bauen, stockten immer mehr auf, die Regierungen mussten sie akzeptieren. Um die Siedlungen nicht gar so hässlich aussehen zu lassen, stellte die Regierung Farben, Strom, Wasser und Gas zur Verfügung. Was nicht alle zahlenden Einwohnenden von Buenos Aires entzückt! Aber das war auch in Brasilien so, die Elendsviertel wuchern und die Regierungen können nur reagieren, damit es nicht völlig ausufert. Eine schlimme Situation ist es alleweil, zudem es den Reichen sehr gut geht und der Mittelstand immer ärmer und unzufriedener wird. Dabei ist die Wirtschaft wohl gar nicht so schlecht dran – wie in Brasilien. Als verwöhnte Europäer sind wir zwar auch immer mehr unter Druck, aber auf dieser Reise musste ich mir manchmal die Haare raufen.  

Buenos Aires

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Tango! Er gehört seit September 2009 zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit der UNESCO. Und beflügelt Fantasie und Sinne. 

einige Bilder von Carola zur Verfügung gestellt

 

Auch die Pampas sind für uns doch etwas, das,wenn schon nicht unwiderstehlich, so doch wildromantisch rüberkommt. Die Gautschos, Nachfahren der ausgerotteten Indios und der Spanier, treiben ihre Herden in den Pampas zusammen. Das Land ist feucht in der Regenzeit und die Mücken sind fast unerträglich. Aber die Echtheit, die trotz Touristenführung da war, hat uns sehr gefallen.

Heftigster Regen am 3. Tag in Buenos Aires. Wir nutzten eine kurze, nicht allzu arge, Pause, um mit einem Taxi in die Innenstadt zu fahren, wo wir die Galeria Pacifico besuchten. Noch am Morgen erhielt ich eine Mitteilung, Buenos Aires hätte so tolle, günstige Einkaufsmöglichkeiten. Nun, ich dachte mir schon im Kreuzfahrtsterminal, dass das wohl eher nicht mehr so sei. Irgendwie müssen die ja ihren dauersinkenden Peso reinholen. Aber es  wunderte mich, wie es sich in der Innenstadt ausnahm. Mir blieb meist der Mund offen vor Staunen: alles mind. so teuer wie im wohlhabenden Zentraleuropa. Und das bei einem x mal tieferen (Deutschland 5 x höher, Schweiz ca. 8 x höher) Bruttosozialprodukt pro Kopf. Ich kann daraus nur folgern: in dieser Stadt leben parallel zueinander, ohne grosse Berührungspunkte, unterschiedliche Schichten. Solche, die sich ein paar Schuhe für 150 Dollars kaufen und sich in 400 Dollar teure Levis-Jacken hüllen können und solche, die überhaupt nichts habenl. Prunk und Luxus, wo man stand und ging. Die mitleidigen Blicke, die Gaby und ich ernteten, weil wir nirgendwo was kauften, nur rekognoszierten, was da wohl abläuft, sprachen Bände und da war ich gerade noch froh, fand ich einen Stand mit normalteuren Schoggi-Eiern, die ich im Multipack für die Crew zu Ostern einkaufte, was dann ein erfreutes anstatt mitleidiges Lächeln hervorzauberte. Auch der Taxifahrer lächelte, weil wir ohne zu murren 7 Dollar zahlten. Der ehrliche Fahrer, der für die gleiche Strecke zurück mit Taxometer 3 Dollar verlangte, lächelte dann zumindest sehr ehrlich über die 7 Dollar, die wir ihm auch bezahlten.

Nichts mit Losfahren aus Buenos Aires. Heftiger Regen und Wind liess die Behörden den Hafen sperren, weil wir nie durch den engen Ausgang rausgekommen wären. Abfahrt um 19 Stunden verschoben. Die nutzten wir noch für einen kleinen Spaziergang durchs Quariter Retiro mit seinen 3 Bahnhöfen. Da begegneten wir dann den Porteños, wie sich die Einwohner der Stadt, anlehnend an den Hafen der Provinz Buenos Aires nennen). Alle ganz normal, man sah, dass sie zur Arbeit gingen oder keine Arbeit haben. Die Vielzahl der Polizisten, die wir auf der kurzen Strecke gesichtet haben, weist wohl darauf hin, dass das hier nicht die beste Ausgangsgegend ist. Ich wollte nur einen Markt zwischen 2 Häuserzeilen fotografieren, da warnten mich schon alle fuchtelnd und ein Polizist sagte, ich solle aufpassen, das sei zu gefährlich. Wie schlecht muss man denn Menschen halten, dass sie so gefährlich werden? Sagte nicht Rousseau, im Grunde sei jeder Mensch gut  (Bei Rousseau sind im Naturzustand alle Menschen gleich und auch glücklich und zufrieden sind. Sie werden von Selbsterhaltung bzw. Selbstliebe und Empathie angetrieben. Konflikte werden erst durch Eigentum ausgelöst, dies sorgt nämlich für Ungleichheit, Misstrauen und ist letztendlich Grund für Krieg)